„Jeder individuelle Mensch (…) trägt, der Anlage und Bestimmung nach, einen reinen idealistischen Menschen in sich, mit dessen unveränderlicher Einheit in allen seinen Abwechslungen übereinstimmen die große Aufgabe seines Daseins ist.“
Friedrich Schiller
Die Grundlage der pädagogischen Arbeit ist der Blick auf die unantastbare Individualität die in jedem Kind verankert ist, verbunden mit zunächst noch verborgenen Impulsen für die Zukunft, die nach und nach als leitendes Lebensmotiv oder Ideal hervortreten können, ganz im Sinne des obigen Mottos: In dem Maße, in dem es dem Menschen gelingt, in Übereinstimmung mit der eigenen „Anlage und Bestimmung“ zu leben und zu handeln, ist er frei. Erziehung und Bildung haben die Aufgabe, den jungen Menschen auf dem Wege dorthin zu unterstützen und zu begleiten.
„Das Kind anregen zu müssen, das glauben wir nur, weil wir zu wenig Ahnung davon haben, was jeder Mensch an Entfaltungsmöglichkeiten mit auf die Welt bringt“
(Jacoby, 1981).
Wie bei Emmi Pikler`s Konzept, soll den Kleinkindern ermöglicht werden, sich beim bewegen und spielen im guten Einvernehmen der Pädagoginnen, in Ruhe den individuellen Interessen zu folgen. Es käme einer Missachtung der autonomen Individualität des Menschen gleich, wollte man das Kind als ein bloßes Objekt der Belehrung und Konditionierung ansehen. In seinen frühen Jahren hat das Kind die Fähigkeit, sich selbst zu „belehren“(Schäfer 2004). Es verfügt dazu über optimale Voraussetzungen, indem es einerseits einen erstaunlichen, nie nachlassenden Lern- und Tätigkeitsdrang mitbringt, auf der anderen Seite aber auch grenzenlose Offenheit und Hingabefähigkeit an alle Eindrücke und Einflüsse der Umgebung. Urvertrauen in die Welt und Ur-Vertrauen in die eigenen Kräfte bilden das Startkapital des Kindes.
Das pädagogische Konzept der Zipfelmützen setzt sich zum Ziel, den Raum zu schaffen, die Fähigkeit des Kindes zur Selbstbildung zu unterstützen und sich zu einer selbstständigen, kritischen und sozialen Persönlichkeit hin entwickeln zu können. Die Kinder sollen entsprechend ihres Entwicklungsstandes zu selbstständigen Entscheidungen befähigt werden.
Die altersadäquate Förderung bei den Zipfelmützen orientiert sich an dem psychosozialen Entwicklungsmodell von Erikson.
Voraussetzung für die genannten Ziele ist ein Verhalten den Menschen gegenüber, dass sich äußert in:
Anerkennung des Anderen, in warmer Zuwendung, im Zeigen positiver Gefühle, in Sorgen für den Anderen, in Anteilnahme, in Geduld, in Mitleiden, in Ermutigung, in Achtung vor den Fähigkeiten und Möglichkeiten des Anderen, in Vermeidung erniedrigender, demütigender und entmutigender Erlebnisse, im Vertrauen zu der anderen Person, im akzeptieren der Gefühle und der anderen Person.
Wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung und das soziale Zusammenleben, ist die Einstellung der Kinder zu sich selbst (Selbstachtung/Selbstwertgefühl). Das Ziel in der Arbeit mit den Kindern ist es, diese grundlegende Selbstachtung jedes Kindes in der Gruppe positiv zu stärken. Die Pädagoginnen geben ihm das Vertrauen, Entscheidungen – entsprechend seinen jeweiligen Fähigkeiten – selbst zu fällen und diese auszuprobieren. Bei Misserfolgen dient die Bezugsperson (Pädagogin) als „Zufluchtsstätte“ und strahlt Sicherheit aus. Beim Spielen können die Kinder im „Freispiel“ selbst entscheiden, entdecken und ausprobieren, z.B.: Spiele ich am Tisch und puzzle, baue ich eine Stuhlreihe um zu klettern, kriechen und hüpfen.
Im Freispiel können vielfältigste Interaktionen zwischen den Kindern und somit natürlich auch Konflikte entstehen, was gerade zum Erlernen von sozialen Verhaltensweisen notwendig ist. Dies beinhaltet sowohl die Fähigkeit zur Selbstbehauptung, als auch die Einbeziehung der Interessen eines anderen Kindes oder der Gruppe, unter Beachtung und Akzeptanz der in der Gruppe bestehenden Regeln.
Große Bedeutung in der pädagogischen Arbeit kommt der Beobachtung des Verhaltens der Kinder während des Freispiels zu. Die Pädagogin ist dann für die Bedürfnisse der Kinder da, ist für sie jederzeit erreichbar und ansprechbar: zum Bilderbuch anschauen, zum Schmusen und Trösten, zum „mitessen“ und „frisieren“, als „Sprachrohr“ bei der Klärung von Konflikten, als „Sicherheitsbasis“ und vieles andere mehr. Die Beobachtung ist in der Arbeit mit Kleinkindern von besonderer Bedeutung, da die Kinder über begrenzte sprachliche Artikulationsmöglichkeiten verfügen. „Handlungsbegleitendes Sprechen“ kann dann zum einen zur Sprachförderung beitragen, zum anderen bietet es der Pädagogin die Möglichkeit, dem Kind anerkennende Rückmeldung für sein Tun zu geben. Die Beobachtung ermöglicht es zudem, anbahnende Konflikte zu erkennen und unterstützend einzugreifen. Dabei haben die Kinder die Möglichkeit, Konfliktlösungsstrategien zu erlernen.
Über dieses wesentliche „Tun“ hinaus, sind auch folgende Beschäftigungsangebote für die Kinder von Bedeutung: Vom Malen und Basteln, Turnen und Musik, bis hin zum „Tisch waschen“ und der Beobachtung eines Regenwurms. Dabei sollen die Kinder auch ihre eigenen Ideen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Materialien entwickeln und ausprobieren können. Nicht die Perfektion des Endproduktes ist dabei ausschlaggebend, sondern die Erfahrungen, die durch die Tätigkeit selbst gemacht werden – die Verwirklichung der eigenen Bedürfnisse.